January 9, 2025
Know-how

Investors Q&A – Worauf achten Investor:innen?

Worauf achten Investor:innen wirklich? Wir haben Investorin Susanne Jung und allygatr 🐊-Principal Thomas Perlitz gefragt, was ihnen bei Gründungsteams und Start-ups besonders wichtig ist und was neue Gründer:innen im HR Tech-Space besonders beachten müssen.
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Thomas Perlitz ist Principal bei allygatr 🐊 und HR Tech Investor mit mehr als 25 Jahren Erfahrung im HR, Susanne Jung ist selbst Gründerin und Investorin mit über 20 Jahren Erfahrung. Sie wissen genau, worauf sie bei Start-ups Wert legen und womit Gründer:innen bei ihnen punkten können.

1. Was ist für euch das Wichtigste an einem Gründungsteam?

Susanne: Die Persönlichkeit des Gründungsteams steht für mich an erster Stelle, ebenso wie der Purpose hinter dem Start-up. Nur wenn das Team voll und ganz hinter der Mission steht und eine klare Vision hat, kann es langfristig erfolgreich sein. Ich schaue mir außerdem immer die “4 Cs” an – customers, communication, cost and contacts. Diese vier Bereiche sind zentral, um ein Start-up in eine stabile Wachstumsphase zu führen. Zum Beispiel sollte ein Team von Beginn an klare Kommunikationsstrukturen aufbauen und eng mit ersten Kund:innen interagieren, um frühzeitig Feedback zu erhalten. Ebenso ist es wichtig, Kosten im Blick zu behalten und ein solides Netzwerk aufzubauen, welches das Team in verschiedenen Phasen unterstützt.

Thomas: Ein starkes Netzwerk ist entscheidend, vor allem im HR-Bereich. Ein Team, das die Dynamiken und Prozesse in HR nicht kennt und ohne Fachkenntnisse oder Verbindungen in den Markt eintritt, wird auf erhebliche Herausforderungen stoßen. Die Fähigkeit, auf ein Netzwerk zurückzugreifen, das Expertenwissen bietet, ist immens wertvoll – sei es in der Produktentwicklung oder bei Fragen über den Markt. 

Ein weiteres Kriterium ist das Durchhaltevermögen. Die Gründungsphase ist oft eine Achterbahn, und das Team muss über Jahre hinweg die Energie und den Willen aufrechterhalten, auch in schwierigen Zeiten weiterzumachen. Die emotionale Stabilität und das langfristige Engagement sind wichtige Erfolgsfaktoren.

2. Ist es in einem deutschsprachigen Markt wichtig, auch auf Deutsch zu kommunizieren?

Susanne: Es ist essentiell, dass ein Start-up flexibel auf die Bedürfnisse seines Zielmarktes reagiert. In einem deutschsprachigen Markt sollte das Team die Kommunikation entsprechend anpassen. Besonders im HR-Bereich, der in Deutschland oft stark regional verankert ist, erwarten viele Kund:innen, dass das Start-up Deutsch spricht und kulturelle Feinheiten versteht. Ein Start-up, das hier keine lokale Anpassung vornimmt, riskiert, die Kund:innenbindung zu schwächen und nicht als authentischer Partner wahrgenommen zu werden.

Thomas: Ja. Ich beobachte oft, dass internationale Gründer:innen in Deutschland annehmen, sie könnten allein mit Englisch auskommen. Das ist jedoch eine Fehleinschätzung, vor allem im Mittelstand. Viele Unternehmen in Deutschland sind darauf angewiesen, dass ihre Partner:innen Deutsch sprechen. Das gilt insbesondere im HR, wo Kommunikation sensibel ist. Große Unternehmen arbeiten vielleicht auf Englisch, aber kleinere und mittlere Unternehmen – die Kernzielgruppe vieler HR-Tech-Start-ups – erwarten Deutsch. Wer die lokalen Gegebenheiten ignoriert, schließt potenzielle Kund:innen aus und verschenkt Marktchancen.

3. Was sollte ein HR-Startup im Team haben, um erfolgreich zu sein?

Thomas: Ein solides Verständnis für HR-spezifische Prozesse und Begriffe ist absolut unverzichtbar. Ich habe erlebt, wie ein HR-Tech-Startup eine fehlerhafte Berechnungsmethode für die Fluktuation einsetzte, weil das Team die HR-Terminologie und -Metriken nicht korrekt verstand. Für komplexe Konzepte wie „FTE“ (Full-Time Equivalent) oder „Headcount“ benötigt das Team entweder interne Expert:innen oder externe Berater:innen, die die Begriffe korrekt interpretieren und in das Produkt integrieren können. Ohne dieses Wissen wird es schwierig, die Bedürfnisse der HR-Abteilungen zu erfüllen. Auch deshalb bauen wir die #hrtechallyance auf: Eingebettet in unser Ökosystem aus HR-Expert:innen und Investor:innen können wir fast jede Frage beantworten.

4. Wann sollte ein Start-up profitabel sein?

Thomas: Es gibt keinen festen Zeitpunkt, zu dem ein Start-up profitabel sein muss. Wichtig ist jedoch, dass das Team von Anfang an den Markt testet und das Produkt schrittweise weiterentwickelt. Ein häufiger Fehler ist, dass Startups zwei Jahre lang ausschließlich an ihrem Produkt arbeiten, ohne es auf den Markt zu bringen oder Feedback zu erhalten. Dadurch verbrennen sie Kapital, ohne zu wissen, ob das Produkt tatsächlich markttauglich ist. 

Susanne: Genau. Jedes Startup hat einen individuellen Weg zur Profitabilität, abhängig von der Branche und dem Geschäftsmodell. Ich achte jedoch immer darauf, dass das Team von Beginn an Kostenbewusstsein zeigt und einen klaren Plan für die Kund:innengewinnung hat. Ein:e gute:r Gründer:in zeigt, wie er das Kapital seiner Investor:innen einsetzen will, und legt offen dar, wie und wann das Start-up Einnahmen generieren wird. Es geht darum, zu zeigen, dass man ein Auge für den Markt und die Finanzen hat und die Bereitschaft, das Geld gezielt für nachhaltiges Wachstum zu nutzen.

Thomas: Ein guter Ansatz ist, frühzeitig ein Minimal Viable Product (MVP) zu verkaufen, um Feedback von Kund:innen zu sammeln und das Produkt iterativ zu verbessern. Die Bereitschaft, sich mit einem unvollständigen Produkt in den Markt zu wagen, zeigt Investor:innen auch, dass das Team pragmatisch denkt und eine realistische Vorstellung vom Kund:innenwert hat.

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